So, da sich die Wochenendplanung spontan geändert hatte, konnte ich meinen für diesen Monat geplanten Peroxid-Test beim Benzaldehyd vorziehen. Das ist jetzt ein knappes halbes Jahr alt, hat seit Lieferung in der (mittlerweile) fast leeren Original-Braunglasflasche bei Raumtemperatur und Tageslicht (jedoch an einem schattigen Plätzchen) in meinem Heimlabor gestanden.
Als Reagenz verwende ich Titanylsulfat, das ich durch Aufschluss von 0,5 g Titandioxid in 2 g Natriumhydrogensulfat-Anhydrat-Schmelze hergestellt habe. Die abreagierte Schmelze (man erkennt es daran, dass die Schwefeltrioxid-Entwicklung nachlässt - unbedingt draußen oder unter dem Abzug durchführen!) wird anschließend unter Rühren in 100 ml 1 M Schwefelsäure gelöst (dazu musste ich das Reagenzglas, das beim Abkühlen eh einen Sprung bekommt, zertrümmern und die Substanzbröckchen mit Pinzette und Spatel heraussuchen) und die entstehende Suspension filtriert. Das Filtrat kann dann zum Test verwendet werden und ist begrenzt haltbar.
Der eigentlichen Probe habe ich einen Empfindlichkeitstest per Verdünnungsreihe in Zehnerpotenz mit Wasserstoffperoxid voran gestellt.
Von links nach rechts: Zu jeweils 10 ml 1 M bis 0,0001 M Lösung wurde jeweils 1 ml der Reagenzlösung gegeben.
Und hier die Fortsetzung der Reihe: 0,00001 M bis 0,00000001 M, das fünfte Glas rechts ist eine Blindprobe mit dest. Wasser.
Im dritten Glas (Mitte) liegt nur noch eine Konzentration von einem Zehnmillionstel Mol Wasserstoffperoxid, mithin 3,4 Mikrogramm pro Liter vor. Und dennoch war hier immer noch eine ganz schwache Färbung erkennbar. Erst ab der nächsthöheren Größenordnung bei der Verdünnung war mit dem bloßen Auge kein Unterschied mehr zu Wasser erkennbar.
Sprich: Wenn sich in meinen organischen Flüssigkeiten auch nur ein Hauch von Peroxid gebildet haben sollte, so müsste sich dieses mit Titanylsulfat nachweisen lassen. Oder?
Also ans Werk!
Zum Test kamen (von links nach rechts) neben Benzaldehyd auch Baumarkt-Aceton, selbsthergestelltes Butylacetat und technisch reines Isopropanol - die letzten drei alle ca. ein Jahr alt. Das fünfte Glas ist wieder die Blindprobe mit Wasser.
Auf den ersten Blick allesamt negativ. Die untere gelbliche Phase beim Benzaldehyd (ganz links) ist die organische Phase, somit das nur das Benzaldehyd, welches in den vergangenen Monaten selbst eine schwach gelbe Farbe angenommen hatte. Genau diese Veränderung war dann auch der Punkt, weshalb mich das Ergebnis immer noch nicht beruhigen konnte. Sollte Titanylsulfat zum Nachweis organischer Peroxide womöglich ungeeignet sein?
Also musste schließlich doch wieder die gute alte Iodid-Stärke-Methode herhalten. Zum Ansäuern habe ich diesmal Essigessenz verwendet. Die Säure ist noch stark genug, um die notwendigen Protonen für die Oxidation des Iodids bereitzustellen, aber gleichzeitig und im Gegensatz zur Schwefelsäure noch nicht so stark, dass sie auch die uv- und sauerstoffempfindliche Iodwasserstoffsäure freisetzen und einen Luft-/Lichtfehler bewirken könnte.
Die Ergebnisse sind eindeutig. Das untenstehende Foto wurde direkt nach Zugabe des Reagenzes zur Probe aufgenommen. In den folgenden Minuten änderte sich nichts mehr.
Von links:
Im Benzaldehyd haben sich binnen weniger als 6 Monaten klar nachweisbare Mengen an Peroxid gebildet. Somit ist für mich klar: falls ich irgendwann wieder Benzaldehyd benötigen sollte, so kaufe ich dieses frisch und brauche es auch alsbald vollständig auf. Vom jetzigen Vorrat sind nur noch wenige Milliliter übrig. Die setze ich bald per Cannizzaro-Reaktion zu Natriumbenzoat um, setze daraus die Benzoesäure frei, die ich mit Salmiakgeist zu Ammoniumbenzoat umwandle, welches ich wiederum (dann natürlich nur im Probierglasmassstab) trocken zu Benzonitril destillieren möchte.
Aceton bildet mit Luftsauerstoff allein, d. h. in Abwesenheit von Wasserstoffperoxid und Säure kein Peroxid (und das ist auch gut so...
) - sorry, Sebastian...
Im Butylacetat ließ sich kein Peroxid nachweisen. Im Gegensatz zu Pentanol ist Butanol offensichtlich nicht in der Lage, in Seitenreaktionen neben der Fischer-Veresterung Ether zu bilden, die ihrerseits "peroxidierbar" wären (vgl.
viewtopic.php?f=36&t=6232).
Isopropanol ist zwar grundsätzlich fähig, Peroxid zu bilden, ist in diesem Fall aber einfach noch zu jung, als dass dies im nachweisbaren Maße bereits passiert sein könnte (das letzte i-PrOH, in dem ich Peroxid nachweisen konnte, war schon viele Jahre alt...).
Im fünften Reagenzglas befand sich eine Vergleichsprobe mit 0,001 M Wasserstoffperoxid, im sechsten (passte nicht mehr in den Ständer) eine Blindprobe mit Wasser.
Zum Schluss fiel mir noch ein, dass ich - wenn ich schon mal dabei bin - auch gleich mal überprüfen könnte, was über Methyltertbutylether gesagt wird, nämlich dass es praktisch unfähig ist, Peroxide zu bilden und damit von allen Ethern der stabilste und sicherste ist.
Und siehe da: tatsächlich keine Spur von Peroxid (hier mit Iodid-Stärke getestet).
Aus diesem Grund (sowie aufgrund der Tatsache, dass man ihn wegen des etwas höheren Siedepunktes nicht in einem explosionssicheren Kühlschrank aufbewahren muss) ist MTBE bislang auch der einzige Ether, der (vor etwa zwei Jahren) Eingang in meine Chemikaliensammlung erhalten hat.